Schwangerschaftsabbruch (Abtreibung)

Situation in Deutschland - Gesetzliche Regelung, Beratung, Schweigepflicht etc.

Schwangerschaftsabbruch (Abtreibung)

1 Gesetzliche Regelung

Ein Schwangerschaftsabbruch nach der sogenannten „Beratungsregelung“ bleibt Unrecht (tatbestandslos, aber rechtswidrig), ist aber straffrei (§ 218a Absatz 1 StGB), wenn …

  • Abbruch innerhalb von 12 Wochen nach der Empfängnis erfolgt,
  • durch einen Arzt vorgenommen wird,
  • die Schwangere den Abbruch verlangt,
  • durch Bescheinigung einer anerkannten Beratungsstelle nachgewiesen wird, dass
  • Schwangerschaftskonfliktberatung nach § 219 StGB stattgefunden hat, die
  • mindestens drei Tage zurückliegt (3 Tagesfrist).

Ein Schwangerschaftsabbruch ist nicht rechtswidrig bei

  • medizinischer Indikation; § 218a Absatz 2 StGB.
    Voraussetzungen:

    • Der Abbruch erfolgt durch einen Arzt.
    • Der Abbruch wird mit Einwilligung der Schwangeren durchgeführt.
    • Der Abbruch ist nach ärztlicher Erkenntnis angezeigt, um eine Gefahr für das Leben oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustands für die Frau abzuwenden.
    • Die Gefahr kann nicht auf eine andere für sie zumutbare Weise abgewendet werden (z.B. medizinische – auch psychiatrische – Behandlung).
    • Für den Abbruch  gibt es keine zeitliche Frist.
  • kriminologischer Indikation; § 218a Abs. 3 StGB.
    Voraussetzungen:

    • Der Abbruch erfolgt durch einen Arzt.
    • Der Abbruch wird mit Einwilligung der Schwangeren durchgeführt.
    • Die Schwangerschaft  geht nach ärztlicher Erkenntnis auf eine rechtswidrige Sexualstraftat an der Schwangeren zurück.
    • Der Abbruch erfolgt innerhalb von 12 Wochen nach der Empfängnis.

2 Beratung

Die Beratung soll der Frau dabei helfen, eine verantwortliche und gewissenhafte Entscheidung zu treffen. Sie soll unterstützen und begleiten, nicht belehren oder bevormunden.

Die Beratung soll das Bewusstsein der Frau wecken, dass das ungeborene Leben in jedem Stadium der Schwangerschaft ein eigenes Recht auf Leben hat. Sie dient dem Schutz des ungeborenen Lebens und soll die Frau zur Fortsetzung der Schwangerschaft ermutigen, Perspektiven für ein Leben mit dem Kind aufzeigen und das Lebensrecht des Ungeborenen in Erinnerung rufen. Ein Schwangerschaftsabbruch kann nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen. In der Beratung soll über finanzielle und soziale Hilfen informiert werden, die die Fortsetzung der Schwangerschaft erlauben. Ferner wird über die Auswirkungen der Geburt des Kindes oder eines Schwangerschaftsabbruches auf das Leben der Frau/des Partners bzw. der Partnerschaft gesprochen. Schließlich wird auch auf die Gründe eingegangen, weshalb die Frau/das Paar einen Schwangerschaftsabbruch erwägt oder sich hierzu bereits entschlossen hat.

Bei einer medizinischen und bei einer kriminologischen Indikation entfällt die Beratungspflicht für die Frau. Natürlich bieten die Beratungsstellen aber auch in diesen Fällen kostenlose Beratungsgespräche und ihre Unterstützung an.

Hinweis: Für Schwangerenberatungsstellen gibt es keine regionalen Zuständigkeiten. Sie sind in der Wahl Ihrer Beratungsstelle also völlig frei. Die Beratung ist stets kostenlos.

3 Schweigepflicht

Beraterinnen und Berater bei den staatlich anerkannten Schwangerenberatungsstellen unterliegen der Schweigepflicht über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekannt geworden ist. Gesetzliche Grundlagen sind die Schweige- und Geheimhaltungspflicht nach Art. 2 Absatz 3 BaySchwBerG (Art. 7 Absatz 3 BaySchwBerG), der Straftatbestand der Verletzung des Privatgeheimnisses in § 203 Absatz 1 Nr. 4a StGB und die prozessuale Absicherung durch ein Zeugnisverweigerungsrecht in § 53 Absatz 1 S. 1 Nr. 3a StPO.
Die Schwangerenkonfliktberatung kann nur erfolgreich sein, wenn absolutes Vertrauen in die Diskretion und Verschwiegenheit der beratenden Fachkraft besteht. Auch eine anonyme Beratung ist möglich.

4 Beratungsbescheinigung

Im Anschluss an das Gespräch/die Gespräche erhalten Sie auf Wunsch eine schriftliche Bestätigung, dass ein Beratungsgespräch geführt wurde. Diese Beratungsbescheinigung ist eine Voraussetzung für einen straffreien Schwangerschaftsabbruch nach der Beratungsregelung. In die Bescheinigung wird lediglich der Name der beratenen Frau eingetragen und das Datum, an dem die Beratung beendet wurde. Gesprächsinhalte werden hier selbstverständlich nicht festgehalten.
Zur Ausstellung der Beratungsbescheinigung werden Ihre Personalien benötigt (bitte bringen Sie deshalb Ihren Personalausweis/Reisepass mit). Sie können jedoch gegenüber der Beraterin/dem Berater anonym bleiben. Die Bescheinigung wird dann von einer dritten Person erstellt. Sollten Sie dies wünschen, kann eine Durchschrift der Beratungsbescheinigung gefertigt werden, die in der Beratungsstelle verbleibt und dort fünf Jahre lang verschlossen und sicher aufbewahrt wird.
Eine Beratungsbescheinigung kann nicht ausgestellt werden, wenn Sie lediglich Kontakt zu einer Online-Beratungsstelle hatten.
Anmerkung: Nicht alle Beratungsstellen händigen diese Beratungsbescheinigung aus. Beratungsstellen ohne staatliche Anerkennung bieten zwar Beratungen für Frauen/Paare im Konflikt an, stellen jedoch keine Beratungsbescheinigung aus.

5 Beratung durch den abbrechenden Arzt

Ein Schwangerschaftsabbruch darf nur von einem Arzt und nur mit Einwilligung der Frau vorgenommen werden. Der Arzt wird sich vor dem Abbruch von der Dauer der Schwangerschaft überzeugen und wird der Frau Gelegenheit geben, ihre Gründe für den Abbruch darzulegen. Darüber hinaus wird er sie über die Bedeutung des Eingriffs, insbesondere über Ablauf, Folgen, Risiken, mögliche physische und psychische Auswirkungen ärztlich beraten. Ist die Schwangerschaftskonfliktberatung im Rahmen der Beratungsregelung durch einen Arzt erfolgt, darf dieser Arzt den Schwangerschaftsabbruch nicht selbst durchführen.

6 Kosten

Bei den Kosten für Schwangerschaftsabbrüche ist zu differenzieren, ob es sich um einen rechtmäßigen Schwangerschaftsabbruch aufgrund einer Indikation (medizinisch oder kriminologisch nach § 218a Absatz 2, 3 StGB) oder um einen Abbruch nach der Beratungsregelung (§ 218a Absatz 1 StGB) handelt, der nach Durchführung der Schwangerschaftskonfliktberatung und Vorliegen der weiteren Voraussetzungen zwar rechtswidrig ist, aber straffrei bleibt.
Bei Schwangerschaftsabbrüchen nach der Beratungsregelung werden die Kosten für den Eingriff und die Nachbehandlung bei komplikationslosem Verlauf grundsätzlich nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen. Die Kosten für eine solche Maßnahme sind grundsätzlich von den Frauen selbst zu tragen.
Das Beratungsgespräch und evtl. Folgegespräche sind immer kostenlos.
Nur bei Bedürftigkeit (Frauen in schwieriger wirtschaftlicher Lage, wenn das verfügbare Einkommen der Schwangeren unter einer bestimmten Grenze liegt) können die Kosten des Schwangerschaftsabbruchs nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz übernommen werden. Die Leistungen werden auf Antrag durch die gesetzlichen Krankenkassen gewährt. Die dabei entstehenden Kosten werden durch die Länder erstattet. Wenn keine Versicherung bei einer gesetzlichen Krankenkasse besteht, können Frauen, die in Deutschland leben und die Einkommensgrenze unterschreiten, einen Antrag bei einer beliebigen gesetzlichen Krankenkasse ihres Wohnortes stellen.
Bei Schwangerschaftsabbrüchen mit Indikationsstellung (medizinisch/kriminologisch) werden für Frauen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, die Kosten von der Solidargemeinschaft der gesetzlich Versicherten getragen, also von der gesetzlichen Krankenversicherung ohne Einkommensüberprüfung übernommen.
Auch die Beihilfe trägt alle Kosten. Private Versicherungsträger haben unterschiedliche Regelungen.
Es besteht eine Kostenübernahme der gesetzlichen Krankenversicherung für alle Voruntersuchungen und Beratungen vor dem Schwangerschaftsabbruch sowie bei auftretenden medizinischen Komplikationen und damit erforderlichen Nachbehandlungen und zwar unabhängig davon, ob der Schwangerschaftsabbruch nach der Beratungsregelung oder aufgrund Indikation erfolgt ist.

7 Rechtsgrundlagen

8 Qualifikation von Beraterinnen und Beratern

Die Beratung im Schwangerschaftskonflikt erfordert neben umfangreichem fachspezifischem Wissen Erfahrung im Krisenmanagement und eine besondere persönliche Eignung. Folgende Anforderungen an die Person der Beraterin/des Beraters werden gestellt (Art. 3 Absatz 4 BaySchwBerG): Als berufliche Qualifikation muss sie/er eine Ausbildung als Diplom-Sozialpädagogin/-e (FH) oder eine vergleichbare Ausbildung abgeschlossen haben, sie/er  muss eine mehrjährige Berufstätigkeit oder gleichwertige Fortbildungsmaßnahmen vorweisen können und ist zur Supervision verpflichtet.

9 Weitere Informationen